Was sind historische Quellen?

Aufgeschlagenes, mittelalterliches Buch. Links ein Stammbaum, rechts Text.

Nachdem ich in einem Beitrag für einen kritischen Blick auf Quellen geworben habe, möchte ich den Hinweis als Aufhänger nutzen und selbst immer mal wieder eine Gattung oder Art von Quelle vorstellen. Beginnen wir aber erst einmal mit der Frage, was überhaupt eine Quelle ist oder sein kann? Die recht einfache Antwort könnte erst einmal „alles“ sein. Alles, was mir Auskunft über die Vergangenheit liefern kann, kann eine Quelle werden bzw. sein. Ich suche also zu einem bestimmten Thema – wie beispielsweise Friedrich II. – Informationen. Da er vor etwa 800 Jahren lebte, muss ich diese Informationen primär aus schriftlich festgehaltenen Texten gewinnen. Außerdem ist eine klar abgegrenzte Fragestellung nötig. Denn, ich kann eine Quelle durchlesen, weiß aber nur, ob sie mich weiterbringt, wenn ich vorher entschieden habe, welches Thema ich bearbeiten möchte.

Was muss ich beachten?

Zudem muss ich mir darüber im Klaren sein, dass die Quelle nicht „die Vergangenheit“ darstellt, sie ist ein Zeugnis der Vergangenheit. Aus diesem Zeugnis gilt es nun, eine Quelle zu machen. Sich mit dem Kontext der Entstehung auseinanderzusetzen und eine sinnvolle Herangehensweise zu finden, ist eine der Aufgaben von Historiker*innen. Denn die Quelle selbst ist bereits unter bestimmten Gesichtspunkten von Menschen mit einem bestimmten Weltbild verfasst. Wie es eben Papst Gregor IX. in der Enzyklika „Ascendit de mari bestia“ tat. Der Disput zwischen Kaiser und Papst ist dabei zu berücksichtigen. Außerdem muss man sich immer im Klaren darüber sein, dass wir im europäischen Mittelalter von einer anderen Lebens- und Vorstellungswelt ausgehen müssen. Zu welcher Zeit und unter welchen Umständen entstand also meine Quelle? Aber auch, wo wird sie aufbewahrt? Auch der Ort kann wichtige Auskünfte geben. In Frankreich wurde z. B. im Zuge der Französischen Revolution vieles an Schriftgut nach Paris gebracht, ohne zu verzeichnen, aus welcher Bibliothek bzw. aus welchem Ort es ursprünglich stammte. Das macht eine Auseinandersetzung bis heute schwierig.  Auch ist die Frage, was kann der Autor/die Autorin bereits gewusst haben durchaus hilfreich, um eventuelle Fälschungen zu erkennen. Und ja, auch die gibt es im Mittelalter.

Eine recht bekannte Fälschung ist beispielsweise die „Konstantinische Schenkung“. Angeblich habe Kaiser Konstantin, der im 4. Jahrhundert n. Chr. lebte, dem Papst sein gesamtes Reich geschenkt. Damit will der Papst belegen, dass er über dem Kaiser als weltlicher Macht steht. Der Text entsteht aber erst einige Jahrhunderte nach dem Tod Kaiser Konstantins, wohl im 8. oder 9. Jahrhundert. Das wiederum findet man im 15. Jahrhundert primär auf sprachlicher Ebene heraus.

Abschreiben, kopieren, weitergeben, ergänzen – wie eine Quelle sich verändert

Für die Zeit des Mittelalters relevant ist übrigens auch die Frage, welche Version einer Quelle hat man vorliegen? Denn die Schriftstücke werden mal mehr mal weniger häufig abgeschrieben. Von Hand. Es kann vorkommen, dass sich Fehler eingeschlichen haben, oder es werden Anmerkungen hinzugefügt, ohne diese explizit zu kennzeichnen. Es kann also auch hilfreich sein, sich verschiedene Versionen einer Quelle anzusehen, sofern es sie gibt. Falls ja, muss es nicht immer unbedingt das Original sein, es gibt für viele mittelalterliche Texte Editionen. Im Idealfall sogar eine kritische, in der genau solche Abweichungen, Ergänzungen, fehlende Worte etc. verzeichnet werden.

All das zusammengefasst ist die „Quellenkritik“, die kritische Betrachtung meiner Quelle. Das gilt natürlich nicht nur für mittelalterliche Quellen, sondern für die Arbeit mit jeder Art von Quelle, die einem einen Zugang zu vergangener Zeit bringen soll. Das kann natürlich auch erst vor Kurzem geschehen sein. Auch, wenn ich ein Video o. ä. nutzen will, muss ich vieles kritisch hinterfragen und eine Einordnung in die Zeit und auch die Vorstellungswelt des Verfassers bzw. der Verfasserin vornehmen.

 

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Literatur:

  • Beck, Friedrich, Henning, Eckart (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, Köln 2012.
  • Goetz, Hans-Werner, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 2006.
  • Jordan, Stefan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft. Orientierung Geschichte, Paderborn 2009.

 

 

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