Der Erste Weltkrieg und seine Bilder

Feldpostkarte, Text auf der linken Seite und die Anschrift mit dem Hinweis "Feldpostkarte" auf der rechten Seite.

Feldpostkarte aus dem Ersten Weltkrieg.

Es wurde so viel geschrieben und gesprochen über den Ersten Weltkrieg, eine kurze Zusammenfassung ist gar nicht so einfach, wie es vielleicht klingt. Da der Beitrag im Kontext der Ereignisse von 1923 stehen soll, habe ich hier einen Schwerpunkt gesetzt. Der Erste Weltkrieg erreicht bis dahin unbekannte Ausmaße. Ein Krieg, in dem so viele Menschen wie nie zuvor eingezogen werden, der durch moderne Waffen und den Einsatz von Giftgas für unzählige Menschen tödlich endet. Der sich durch einen jahrelangen Stellungskrieg auszeichnet, bei dem an der Westfront kaum Gelände gewonnen werden kann. Aber auch weit entfernt von der Front hat der Krieg enorme Auswirkungen. Hunger wird ein täglicher Begleiter der Menschen in Deutschland. Der Krieg endet 1918 mit der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches und führt schließlich auch zum Zusammenbruch des Kaiserreichs, die erste Demokratie entsteht, die Weimarer Republik.

Wie es Europa verpasst, den Krieg zu verhindern

Zunächst einmal ist der Erste Weltkrieg nicht einfach ausgebrochen, Menschen haben ihn geführt und nach vier langen Jahren erst beendet. Er ist vielmehr trauriger Höhepunkt der rivalisierenden Großmachtbestrebungen mehrerer europäischer Länder. Der Wille zu deeskalieren ist schwächer, als der, sich zu beweisen. Ein ständiges Aufrüsten seit Beginn des 20. Jahrhunderts tut sein übriges. Als am 28. Juni 1914 der österreichisch-ungarische Thronfolger und dessen Frau in Sarajevo ermordet werden, sichert der deutsche Kaiser dem österreichisch-ungarischen Oberhaupt uneingeschränkte Unterstützung zu. Russland stellt sich auf die Seite Serbiens und nach dem das (völlig überzogene und damit nicht annehmbare) Ultimatum Österreich-Ungarns an Serbien verstrichen war, eskaliert die Situation. Der Krieg beginnt und mit ihm eine weit ausgedehnte (wenn auch anfangs wenig koordinierte) Propaganda in Bildern und Worten. Man weiß um die Bedeutung von Bildern.

Die Propaganda beginnt schon beim Bild der allgemeinen Kriegsbegeisterung – ein Mythos, der sich erstaunlich hartnäckig hält – denn tatsächlich gibt es zwar durchaus Begeisterung, aber auch viele Zweifel und Sorgen. So findet Ende Juli 1914 (kurz vor der Mobilmachung am 1. August) eine Antikriegsdemonstration mit knapp 100.000 Teilnehmenden in Berlin statt. Aber in Verbindung mit den Ereignissen von Juli und August 1914 verbindet man Bilder begeisterter Jugendlicher und junger Erwachsener, die nahezu euphorisch in den Krieg zu ziehen scheinen. Daneben werden in Deutschland zunächst vor allem Bilder des Zusammenhalts geschürt, der Siegeswille unterstrichen. Bilder, die feindliche Mächte verzerrt darstellen, gibt es anfangs kaum.

Der Krieg beginnt

Am 1. August 1914 ordnet Kaiser Wilhelm II. die Mobilmachung an, man versteht den Krieg als Verteidigung gegen die aggressiven Nachbarländer. An zwei Fronten, sowohl in Russland als auch in Belgien und Frankreich im Westen wird gekämpft. Während es in Russland durchaus Truppenbewegungen gibt, zeigt sich an der Westfront schnell, dass es ein Stellungskrieg wird. Die Soldaten heben kilometerlange Schützengräben aus, in denen sie sich verstecken und kommen kaum voran.

Mit der Seeblockade Großbritanniens wurde zudem ab 1914 der Import von Gütern ins Deutsche Reich unterbunden. Das Land war allerdings enorm abhängig von diesen Importen und hatte sich auch nicht darauf vorbereitet, die Bevölkerung versorgen zu können. Dabei spielt die Vorstellung eine Rolle, der Krieg sei in wenigen Monaten vorbei. Die Menschen haben ein Bild eines Krieges des vergangenen Jahrhunderts vor Augen hat. Die militärischen Entwicklungen, die tödlichen Waffen sorgen dafür, dass der Krieg völlig anders aussieht als noch 1870/71. Gleichzeitig fallen viele Männer für die Ernte aus, da sie an der Front sind. Auch Pferde werden von der Armee beschlagnahmt, es fehlt bald auch an Dünger. Da der Krieg deutlich länger dauert als bis Weihnachten 1914, endet die Versorgung der Bevölkerung in einer Katastrophe. Nachdem man im Januar 1915 beginnt, Brot zu rationieren (man gibt Lebensmittelmarken aus, die festlegen, wie viel Brot jedem und jeder zur Verfügung steht), werden bald eine ganze Reihe weiterer Lebensmittel nur noch gegen Karten ausgegeben, bevor schließlich die gesamte Nahrung rationiert wird. Und selbst die dort genannten Portionen sind oft nicht verfügbar. Gleichzeitig wurden Höchstpreise festgelegt, die aber nicht immer die Herstellungskosten der Landwirte decken konnte. So werden die Rationen ständig weiter zusammengekürzt, Lebensmittel müssen gestreckt werden und der Schwarzmarkt blüht auf. Als im Winter 1916/1917 auch die Kartoffelernte viel zu niedrig ausfällt, kommt es zum so genannten „Steckrübenwinter“, bei dem die Steckrübe zum Hauptnahrungsmittel werden muss, aus Mangel an Alternativen. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 700.000 Menschen an der Mangelernährung sterben.

Erst nach vier langen Jahren endet der Krieg

Als die USA 1917 in den Krieg eintreten, ändert es das Mächtegleichgewicht für die Gegner des Deutschen Reiches. Trotzdem dauert es bis September 1918, bis die Oberste Heeresleitung (OHL) zu Waffenstillstandsverhandlungen aufruft. Ein wahrer Schock für viele Menschen in Deutschland – die Propaganda hatte dafür gesorgt, dass man ein anderes Bild des Kriegsverlaufs hatte. Die Menschen gingen davon aus, dass die deutsche Armee erfolgreich sei und die Oberhand im Kampf habe. Über die tatsächlichen Kriegshandlungen wussten sie so gut wie nichts, denn auch die Feldpost war stark zensiert. Es war auch schwierig vorstellbar, da die Truppen auf fremdem Boden kämpften und damit weit weg vom Alltag der meisten Menschen in Deutschland. Die Niederlage überrascht daher die meisten. Als im Oktober 1918 die Marine noch einmal auslaufen sollte, kommt es zum Aufstand der Matrosen, sie weigern sich. Im November 1918 wird schließlich ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, 1919 wird der Versailler Friedensvertrag unterzeichnet. Etwa 20 Millionen Menschen sterben während des Ersten Weltkriegs. Europa verändert sich radikal.

 

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Literatur

Asmuss, Burkhard: Lebensmittelversorgung, in: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/alltagsleben/lebensmittelversorgung.html 

Berghahn, Volker: Der Erste Weltkrieg, München 2014.

Jüllig, Carola: Deutsche Kriegspropaganda, in: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/propaganda/deutsche-kriegspropaganda.html

Kershaw, Ian: Höllensturz. Europa 1914-1949, München 2016.

Kruse, Woflgang: Das Ende des Kaiserreichs: Militärischer Zusammenbruch und Revolution (https://www.bpb.de/themen/erster-weltkrieg-weimar/ersterweltkrieg/155331/das-ende-des-kaiserreichs-militaerischer-zusammenbruch-und-revolution/ )

Richter, Hedwig: Demokratie. Eine deutsche Affäre. Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2020.

Scriba, Arnulf: Matrosenaufstand 1918, in: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/revolution-191819/matrosenaufstand-1918.html

Wuttke, Ingo: Ruhrbesetzung 1923-1925. Eine Einführung, in: Grütter, Heinrich Theodor u.a. (Hrsg.): Hände weg vom Ruhrgebiet! Die Ruhrbesetzung 1923-1925. Katalogbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Ruhr Museum, Essen vom 12.1.27.8.2023, Essen 2023, S. 15-30.

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