Der Tod von Peter Fechter

 

Foto Peter Fechter

Es wird sich wohl nichts Außergewöhnliches oder bahnbrechend Neues in diesem Beitrag finden, aber die Geschichte von Peter Fechter hat mich immer gepackt. Das ist wahrscheinlich auch nicht besonders überraschend, ist es doch eine wirklich grausame Geschichte. Ein 18jähriger Mann wird bei seinem Fluchtversuch über die Berliner Mauer angeschossen und verblutet dort, weil man ihm auf Ost-Berliner Seite nicht hilft. (Auch die West-Berliner Polizei hilft ihm nicht, da er sich eben noch auf DDR-Hoheitsgebiet befindet.)

Die Flucht über West-Berlin in die Bundesrepublik

Der junge Mann entschließt sich im August 1962 zur Flucht von Ost- nach West-Berlin. Ein Jahr nach dem Bau der Mauer ist das ein deutlich schwierigeres Unterfangen. Lange Zeit gilt der Weg über West-Berlin als „letztes Schlupfloch“, über das Menschen die Flucht gelingt. Die innerdeutsche Grenze ist bereits seit Anfang der 1950er Jahren abgeriegelt und ein Übertritt kaum möglich. Zudem wird „Republikflucht“ 1957 ein Straftatbestand, der auch hart geahndet wird. Doch gleichzeitig bleibt es zwischen Ost- und West-Berlin vergleichsweise durchgängig. Es gibt Kontrollen, aber eben lange nicht so streng, denn es ist durchaus üblich, dass Menschen in der DDR leben und in West-Berlin arbeiten oder auch umgekehrt.

So gelingt bis 1961 etwa 3 Millionen Menschen die Flucht aus der DDR – übrigens gehört auch mein Großvater dazu. Er flieht 1955 auch über Ost- nach West-Berlin und wird dann nach Bayern ausgeflogen. (Meine Oma reist kurz darauf ganz legal aus der DDR aus mit dem Hinweis, ihr Mann habe sie sitzen gelassen. War natürlich abgesprochen. Sie kehrt einfach nicht zurück). Dieses „letzte Schlupfloch“ wird also im August 1961 nach akribischer Vorbereitung geschlossen, indem alle Bahnverbindungen gekappt werden und zunächst die Straße aufgerissen und Stacheldraht verlegt wird. In den folgenden Tagen wird dann eben die Grenze zugemauert. Und die Flucht deutlich schwieriger, aber es gibt sie trotzdem, die Fluchtversuche. Mindestens 138 Menschen sterben bei dem Versuch, die Berliner Mauer zu überwinden. So wie Peter Fechter.

Warum wir uns ausgerechnet an Peter Fechter erinnern

Am 17. August 1962 versucht Peter Fechter gemeinsam mit einem Bekannten am frühen Nachmittag, die Berliner Mauer zu überwinden. Während es dem Begleiter gelingt, er in West-Berlin ankommt, wird Peter Fechter angeschossen und bleibt dort liegen. Knapp eine Stunde lang ruft er um Hilfe, doch es kommt niemand. US-amerikanische Soldaten am nahen Checkpoint Charlie halten sich auch zurück, der Grenzübertritt könnte den Konflikt zwischen Ost und West zusätzlich verschärfen. Der Tod führt in West-Berlin in den folgenden Tagen zu teilweise auch gewalttätigen Ausschreitungen.

Peter Fechter ist weder das erste noch das letzte Opfer der Mauer. Die Grausamkeit seines Todes und dass die Weltöffentlichkeit dabei zusehen kann, dass die Bilder seines Todes um die Welt gehen, das alles macht es zu einem besonderen Fall. Es ist eben auch eine mediale Geschichte. Denn schnell wird man auf beiden Seiten der Mauer aufmerksam auf den jungen Mann, der dort schreiend am Boden liegt. Es gibt Fotos, wie er im Stacheldrahtzaun hängt, wie man ihn nach fast einer Stunde dort rausholt und wie er reglos in den Armen eines NVA-Grenzsoldaten liegt, umgeben von weiteren Grenztruppen, einer schaut sich um. Sie erregen (in Teilen, die in Ost-Berlin aufgenommenen Fotos werden erst nach dem Mauerfall veröffentlicht) eine große Aufmerksamkeit und prägen die Erinnerung an den 18jährigen Peter Fechter. Man bekommt so auch Jahrzehnte nach dem Ereignis noch einen einprägsamen visuellen Eindruck.

Es ist aber nicht nur die Geschichte seines Todes, sondern auch die seiner Familie, die über Jahrzehnte nicht darüber sprechen darf, die das Ganze so bedrückend macht. Sie erleben, wie der Tod vonseiten der DDR-Offiziellen kleingeredet wird. Er galt aufgrund der Gesetzgebung von 1957 als „Republikflüchtling“ und damit als Verbrecher. Dieses Bild wurde bedient. 1990 kam es schließlich auf Betreiben seiner Schwestern zum Prozess gegen die ehemaligen Grenztruppen.

 

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Literatur:

https://www.chronik-der-mauer.de/todesopfer/171420/fechter-peter#footnode16-17

https://zeithistorische-forschungen.de/2-2005/4512

https://www.dhm.de/lemo/rueckblick/peter-fechter-tod-an-der-mauer-1962.html

https://www.hdg.de/lemo/bestand/objekt/foto-abtransport-maueropfer-fechter.html

https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/reformversuche-im-osten/grenzsicherung.html

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